Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Foto: Michael Sondermann
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Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Foto: Michael Sondermann
Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Foto: Michael Sondermann

Friedrich-Ebert-Allee 4
53113 Bonn
Tel.: 0228 91712 00
Homepage

Öffnungszeiten:

Di, Mi 10.00-21.00 Uhr
Do-So 10.00-19.00 Uhr
Bibliothek: Mo -Fr 11.00-17.00

Juergen Teller: ENJOY YOUR LIFE!

10.06.2016 - 25.09.2016

Juergen Teller, geboren 1964 in Süddeutschland, zählt international zu den gefragtesten Fotografen der Gegenwart, und seine Arbeiten, oft umfangreiche Serien, werden in Büchern, Zeitschriften, Magazinen veröffentlicht und in Ausstellungen gezeigt.
In der Ausstellung, die sich über drei Räume erstreckt, verwandeln Arbeiten wie Siegerflieger und My Man Crush, Pep Guardiola das Foyer der Bundeskunsthalle in ein "Public Viewing", wo Ansichten von Siegen und Niederlagen Tellers Gespür für die Dokumentation der entscheidenden Augenblicke belegen. Andere Werkgruppen der gut 250 Arbeiten in der Ausstellung sind autobiografisch und manchmal anekdotisch geprägt: stille Landschaften aus Nürnberg, ehrliche, ungeschönte Selbstinszenierungen wie The Clinic und subjektive Dokumentationen der Auseinandersetzung mit seiner Jugend und Heimat wie Irene im Wald. Und in den neuesten Serien Mit dem Teller nach Bonn und Plates/Teller scheinen alle bisherigen Themen und Kompositionen als Konzentrat zusammenzufließen: Das Spiel der Protagonisten mit einem Teller – Synonym und Stellvertreter für den Fotografen – ist von zarter oder überbordender, direkter, ehrlicher, humorvoller und berührender Komposition, und viele seiner dichten Erzählungen werden erst auf den zweiten Blick präsent.
Ab 1986 in London lebend, begann er dort für Musik-, Zeitgeist- und Modemagazine zu fotografieren und wurde 1991 bekannt, als er die Band Nirvana fotografierte und seine Fotos von Kurt Cobain veröffentlicht wurden. Juergen Tellers Arbeiten bewegen sich seitdem permanent an der Schnittstelle zwischen Kunst und kommerzieller Fotografie, und sein Stilmittel ist das Porträt: In den Bereichen Musik, Fashion, VIPs, Alltag und Landschaft gelingt es ihm, mit einem sehr eigenen Gespür für Personen, Situationen, Milieus und Klischees unmittelbare, manchmal scheinbar einfache Bildkompositionen zu schaffen. Sie vermitteln eine gewisse Beiläufigkeit, die sich aber bei näherer Betrachtung als ausgewogene Bildkomposition und bewusste künstlerische Konzeption erweist.
Gezielte Brüche der Sehgewohnheiten und Erwartungen durch ästhetische Strategien sind einigen Arbeiten implizit, so wie ihm in anderen Arbeiten idealisierende, schönende oder verklärende Bildstrategien fern liegen. Seine Bilder scheinen an die Substanz des Motivs zu reichen, und die Visualisierung einer nicht perfekten Schönheit steht im Vordergrund.
In bewusster Distanz zum immerwährenden Glamour im Bereich Mode- und People-Fotografie hat Juergen Teller eine exponierte Stellung: In Modekampagnen für namhafte Label versetzt er Schauspieler, Supermodels, Popstars oder andere Prominente in neue, teils irritierende visuelle Zusammenhänge, gestattet ihnen teilweise, ihre Individualität zu zeigen, und enthebt die Darstellung damit dem gängigen Abbildungskodex. Dieses künstlerische Prinzip überträgt er auf die nicht kommerziellen Arbeiten; die bildnerischen Ergebnisse sind – heute mehr denn je – verblüffend, unerwartet, Klischees verneinend, intim, scheinbar grenzüberschreitend und distanzlos, aber nie bloßstellend, da große Empathie und Sensibilität seine Gradmesser sind.
Juergen Teller verlangt seinen Modellen einiges ab, fordert die Bereitschaft zum Unverfälschten und Ungeschönten, so, wie sein unermüdlicher, ehrlicher, neugieriger, offener und unverstellter Blick auf das Motiv auch beim Betrachter Toleranz und Neugier voraussetzt – er selbst gibt sich dem Prozess gleichermaßen hin. Er agiert wie ein Regisseur mit seiner Kamera, mit dem Set, den Requisiten und vor allem den Protagonisten seiner Bilder. So ist nachzuvollziehen, dass auch andere Personen den Auslöser der Kamera betätigen, wenn er selbst zum Modell seiner Inszenierungen wird. Damit integriert er in seine Bildidee einen weiteren Blick, den des Betrachters, und erlaubt eine direkte Teilhabe am "Spiel" des Künstlers.

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