Haus der Kunst München, Foto: Maximilian Geuter
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Haus der Kunst München

Haus der Kunst München, Foto: Jens Weber, München
Haus der Kunst München, Foto: Jens Weber, München
Haus der Kunst München, Foto: Maximilian Geuter
Haus der Kunst München, Foto: Maximilian Geuter

Prinzregentenstr. 1
80538 München
Tel.: 089 21127 115
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Öffnungszeiten:

Mo-So 10.00-20.00 Uhr
Do 10.00-22.00 Uhr

Thomas Schütte: Mann im Matsch

07.06.2009 - 06.09.2009
Im Juni 2009 wird der in Düsseldorf lebende Künstler Thomas Schütte (geb. 1954) eine überlebensgroße Bronzeskulptur in seiner Geburtsstadt Oldenburg präsentieren. Das "Mann im Matsch" betitelte Modell dieser neuen, 5,80 Meter hohen Figur - im Maßstab 1:1 aus Gips und Styropor gefertigt - bildet das Zentrum der Ausstellung im Haus der Kunst. Thomas Schütte hat seit den frühen 1980er-Jahren unter dem gleichnamigen Titel eine Reihe von aufeinander bezogenen Arbeiten geschaffen, die teils mit bitterem Humor Momente von Einsamkeit, Desillusionierung, Verletzlichkeit und Aussichtslosigkeit thematisieren. Der Betrachter wird im Haus der Kunst mit einer Monumentalplastik konfrontiert. Monumentalität und Auratisierung im musealen Kontext und insbesondere der Ewigkeitsanspruch der nationalsozialistischen Architektur des Haus der Kunst werden durch diese gescheiterte Figur unterlaufen: der "Mann im Matsch" als Anti-Monument. Zum Umfeld dieses Werkkomplexes gehören auch die in der Ausstellung dem "Mann im Matsch" gegenübergestellten Arbeiten "Großer Respekt", "Kleiner Respekt" und "Innocenti" (alle 1994). Bekannt geworden ist Thomas Schütte bereits in den 1980er-Jahren mit architektonischen Modellen: Entwürfe, die in ihrem Modellcharakter das Potential zur radikalen Vereinfachung und Überspitzung ausschöpfen. Und mit Skulpturen: Hier reicht sein Spektrum von modellierten Keramiken über monumentale, teils deformierte Frauenskulpturen bis zu den voluminösen "Großen Geistern". Zu Beginn von Schüttes künstlerischer Tätigkeit beherrschen die soziale Position des Künstlers und mögliche Produktions- und Präsentationsbedingungen sein Werk. Gegenwärtig stehen Gesellschaftsstrukturen mit ihrem machtpolitischen Gefüge und ihren Auswirkungen auf die individuelle Lebensgestaltung im Zentrum. Die Ausstellung will die Relevanz und Aktualität seiner Werke prüfen - die Bedeutung des Werkes in Hinblick auf das heutige, von Brüchigkeit und Unbeständigkeit bestimmte sozial-politische System. Thomas Schütte findet in den verschiedensten Gattungen - "klare Zeichen für unklare Sachverhalte" (Ulrich Loock) - prägnante Bilder für Ambivalenz, Spannung und Konfliktpotential, sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher und politischer Ebene. An diesen Themen ausgerichtet gibt die Ausstellung mit Arbeiten ab Mitte der 1980er-Jahre bis hin zu seinen neuesten Werken einen Überblick über sein facettenreiches Schaffen, das von Sprüngen, Material- und Formatwechseln lebt. Zu sehen sind u.a. Papierarbeiten, Fotografien, Architekturmodelle, Installationen und Skulpturen. Neue Aquarelle: "Deprinotes" Seit Beginn seines künstlerischen Schaffens hat Thomas Schütte ein umfangreiches Werk von Arbeiten auf Papier produziert. Er stellt Serien oder Zyklen her, in denen er sich, mit Aquarellfarben, Tusche oder verschiedenen Bunt- und Bleistiften einem bestimmten Thema widmet. Thomas Schütte mischt in seinen Arbeiten auf Papier ironische Kommentare zu zeitgeschichtlichen Ereignissen, kritische Überlegungen, Beobachtungen und Einsichten; besonders deutlich werden diese bei seinen jüngsten bisher noch nicht gezeigten Aquarellen "Deprinotes" (2006-2008). Frei von Selbstzensur greift er dabei auf klassische Motive zurück wie Portraits oder Stillleben von Blumen, Obst und Gemüse. Die "Mirror Drawings" (1998-1999) sind Selbstportraits, die Schütte innerhalb eines Jahres in den Rasierspiegel blickend gezeichnet hat. Hier wagt Schütte eine Annäherung an sich selbst über das Bild seiner äußeren Erscheinung. Diesen Versuch erklärt der Künstler für gescheitert: "Ich dachte, ich mache das jetzt für ein Jahr, dann weiß man, wer man ist. (...) ich war total enttäuscht, weil sie nichts sagten. Es verdichtete sich nichts, (...) Es ist also ein Versuch, sich selber auf die Schliche zu kommen, und der ist wirklich schief gegangen." (Thomas Schütte) Thomas Schüttes Portraits führen vor allem vor, dass die Figur, sei es nun er selbst oder jemand anderes, in der Unpersönlichkeit verharrt und letztendlich jede Lesart nur Spiegel der Vorstellungen des Betrachters ist. Häufig präsentiert Schütte seine Arbeiten auf Papier im Zusammenspiel mit skulpturalen Arbeiten. Fester Bestandteil der Inszenierung sind Aquarelle bei "Melonely" (1986): 14 Aquarelle zeigen stark schematisierte Melonenstücke, die in enger Verbindung zu der elfteiligen raumgreifenden Skulptur aus Holz stehen. Thomas Schütte beginnt Mitte der 1980er-Jahre Obst und Gemüse zu malen und zu zeichnen. Er sieht diese Arbeiten als "Weg aus der Finsternis der frühen achtziger Jahre", als Möglichkeit den "Hunger nach Bildern" zu stillen, als Reaktion auf einen von Zwängen bestimmten, akademisch gewordenen Konzeptualismus. Das Wortspiel im Titel weist aber auch auf eine emotionale Ebene hin, die mit dem süßen Obst nur zeitweise vergessen gemacht werden kann.

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