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Hans Gerlhof: Werkschau

13.02.2011 - 25.04.2011
Auch dreiundachtzigjährig verfolgt Hans Gerlhof kontinuierlich und konsequent seine künstlerischen Grundideen. Das Prinzip Montage dominiert den Weg zum Bild. Sei es durch Verbindung tatsächlich vorhandener materieller Wirklichkeitsfragmente oder durch Kombination selbsthergestellter malerischer Strukturen in den "Phantasmagorien". Letztere werden durch Einbeziehung der Aleatorik, also des Zufälligen, im Bereich des Strukturalen erweitert. Die diesjährige Werkschau widmet Gerlhof wiederum in gleicher Intensität der dialogischen Kombinatorik von Materialien unterschiedlichster Konsistenzen und Beschaffenheiten in seinen Montagen, während er andererseits den räumlich und struktural offeneren Phantasmagorien im wahren Sinne des Wortes mehr Raum gibt als in früheren Ausstellungen. Den Grundtenor der Kombinatorik und Montage, des Zusammenfügens sowohl von Inkohärentem als auch von Homogenem, behält er bei. Was in den Materialmontagen noch tatsächlich geschraubt, genagelt, geklebt, fixiert und miteinander zu einer neuen materiell existierenden Wirklichkeit verbunden wird, deutet sich in vielen seiner transparent wirkenden Pantasmagorien nur noch an: Hier tun sich in einer Art Schwebezustand gehaltene Farbraumwelten auf..., Offenheit wird angestrebt. Vom Zufall des Abziehens feuchter Farbe bestimmte Farbstrukturen beginnen untereinander dialogisch zu arbeiten. Transparenzen und Durchdringungen entwickeln sich, ganz im Sinne dieses Gestaltungsprinzips der Klassischen Moderne. Formen beginnen sich zu bilden, um gleich darauf nur noch wie Farbnebel erahnbar zu existieren. Nach der Verfestigung folgt deren Auflösung in flüssiger Farbmaterie. Gleiches geschieht den Farbräumen, die er unterschiedlichsten Farbklängen unterwirft. Neben die gegenständliche Realität von Dinglichem in den Materialmontagen, welche Wirklichkeit unmittelbar repräsentieren, stellt Gerlhof in den Phantasmagorien eine nur malerische Wirklichkeit von Farbstrukturen und Farbräumen, die häufig durch Zufälligkeiten des Farbverlaufes in den Dekalkomanien (vgl. M. Ernst), durch freie, atmende Räume, Fließstrukturen und Formandeutungen gebildet wird. Was hier auf den ersten Blick spontan und zufällig wirkt, gründet, wie all seine Kombinatorik, auf einem hohen Maß an gestalterischer Kalkulation. Bewusst inszenierte, malerische Zufallseffekte, wie auch beabsichtigte Steuerungen von Farbmaterie, dienen seinem montagehaften Weg zum Bild genauso wie vorher jene gefundenen, realen Dingwirklichkeiten. Das Aleatorische tritt neben das Kombinatorische und überlagert es zeitweise. Aus der Kunst des Montierens und Zusammenfügens wird eine Kunst des Andeutens und in Bewegunghaltens farbiger Materie in völlig anders gearteten Bilderwelten. Sie sind vielfältig in der Auswahl der jeweiligen Farbmaterien von Aquarellfarben bis zu Farbstiften, vielfältig in der Bestimmung ihrer Klangfarben und Strukturen, vielschichtig in den sich anbietenden inhaltlichen Bereichen ihrer Ausdeutbarkeiten, welche wiederum durch Spezifik der Farbklänge, Konsistenzen, Farbmaterien und Kompositionsweisen evoziert werden. Es entsteht transparent Geschichtetes, Unbestimmtes, inhaltlich Besetztes, Assoziationen Weckendes, Konnotationen Erregendes, struktural Wucherndes, wie auch nur einfach Form, welche Strukturen umfängt ... Die "Handschrift" des Künstlers, sein stetes Suchen nach kompositorischen Fügungsmöglichkeiten, ja der Zwang nach Verbindung des Unmöglichen und Möglichen miteinander, bleibt gleich. Auch die für ihn typische dialogische Position zwischen Dingelement und Farbstrukturelement wird beibehalten, während sich sein Verhältnis zum Raum in den Phantasmagorien entscheidend verändert. Zwar entwickelt er auch hier noch häufiger zentrierte Ordnungen und teilweise sogar festere Formen, doch er öffnet sie stets durch frei atmende Räume, durch Überwindung der Formgrenzen und durch pulsierende Strukturen. Auf diese Weise erweitert ein reizvolles Spiel mit Räumlichkeiten und Formandeutungen den bisher mehr vom Objekt bestimmten Horizont, der sich in den Materialmontagen durch Provenienz, Beschaffenheit, Stofflichkeit und Größe der vorgefundenen Objekt- und Materialfragmente manchmal zwangsläufig ergibt. So gesehen, scheint der in der Reife seines Alters stehende Montagekünstler Hans Gerlhof neue Räume - nämlich unbegrenzte und objektüberwindende aufbrechen zu wollen ..., ohne sich dabei selbst untreu zu werden.

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