Jahrhundertelang verband die Länder Bayern und Böhmen eine Straße, die vor allem dem Salzhandel diente und die als verkehrsreichster mittelalterlicher Saumhandelsweg Süddeutschlands unter dem Namen "Goldener Steig" berühmt geworden ist.
Auf halbem Weg zwischen Passau und Prachatitz entstand am Goldenen Steig schon um die Jahrtausendwende der Ort Waldkirchen, der als Salzniederlagsplatz (Rast- und Übernachtungsort) schon im 13. Jahrhundert Marktrechte erhielt und im 15. Jahrhundert als einziger Ort des Unteren Bayerischen Waldes mit einer hohen Ringmauer und 10 Wehrtürmen befestigt wurde. Größere Teile dieser Wehranlage haben sich erhalten. Zusammen mit dem langgestreckten Marktplatz zeugen sie noch heute von der einstigen Bedeutung Waldkirchens als Hauptort des "Passauer Abteilandes".
Die Entstehung und Entwicklung Waldkirchens war auf das engste mit dem Goldenen Steig verbunden. Daraus ergab sich ein nahezu verpflichtendes Anliegen, diesen bedeutenden Handelsweg als wirtschaftliche und kulturelle Verbindung zwischen Bayern und Böhmen in musealem Rahmen darzustellen. Ein erster Schritt in diese Richtung geschah mit der Gründung des Heimat- und Museumsvereins Waldkirchen am 20. Juni 1980. Mit dem Erwerb eines Wehrturms und der Trägerschaftsübernahme für Ausbau und Ausstattung waren von Seiten der Stadt die Rahmenbedingungen dafür gegeben. Gleichzeitig übertrug die Kommune dem Verein die Verantwortung für Gestaltung und Einrichtung des Spezialmuseums. Einer umfassenden Sanierung und Neugestaltung im Innenbereich des Bauwerks folgten somit unter Einbeziehung der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen Konzeption und Aufbereitung. Die Eröffnung fand am 5. Juni 1987 statt.
Heute ist dieser Handelsweg von überregionaler Bedeutung in fünf Teilbereichen auf 2 Geschoßflächen des Museums veranschaulicht. Mittels Informationstafeln in unterschiedlicher Farbgebung werden dem Besucher die einzelnen Abteilungen vorgestellt. Des weiteren nehmen Kurzbeschreibungen an den Seitenwänden der Vitrinen Bezug auf die jeweiligen Objektgruppen, während alle Exponate mit einem Hinweis auf Art und Entstehungszeit versehen sind. Um die Verknüpfung zwischen Baudenkmal und Museum zu verdeutlichen, ließ man im Eingangsbereich einen Teil des Mauerwerks frei. Durch ein Bodenfenster sind so Höhe und Verlauf des Wehrgangs der "Festung Waldkirchen" über zwei Geschoßflächen hinweg zu sehen. Insgesamt galt es, einen möglichst sanften Einbau des Museums in das denkmalgeschützte Mauerwerk des Wehrturms zu erreichen. Nicht zuletzt wurde auf Qualität und Themenbezogenheit der dargestellten Objekt großer Wert gelegt, um gemeinsam mit historischer Wissensvermittlung eine lebendige Präsentation zu erreichen.
Der Rundgang beginnt im Obergeschoß. Hier wird in der ersten Abteilung (Farbe ocker) die Bedeutung des Salzes, das wichtigstes Handelsgut auf dem Goldenen Steig war, vermittelt. Die Informationen reichen von Gewinnung und Verwendbarkeit bis hin zu Handel und Schiffstransport. Salzbrocken (s. Abb.), Schriftgut und Darstellungen über die Salzgewinnung sowie eine Figur des hl. Rupert mit der Salzkufe als Patron der Salzfertiger und Salzhändler belegen die Bedeutung des Handelsgutes Salz als wichtigstes Würz und Konservierungsmittel. Modelle einer Salzkufe und eines Schiffszuges (s.Abb.) veranschaulichen neben einem "Traidelsattel" aus dem 18. Jhd. Verpackung und Transport des "Weißen Goldes".
Im folgenden Bereich ist das Land der Abtei (Farbe rosa) zu erkunden. Drei Informationstafeln berichten sowohl über dessen Geschichte als auch über den Hauptort Waldkirchen und die lange Kette der hier regierenden Passauer Fürstbischöfe von 1191 bis 1803. In den Wandvitrinen erwarten barocke Plastiken der Diözesanheiligen Maximilian und Valentin, ein aus dem 18. Jhd. stammendes Ölbild des Fürstbischofs Firmian (s.Abb.) und sakrale Gegenstände für die Heilige Messe den Besucher. Eine Partisane gegenüber (um 1725) zeigt symbolhaft die weltliche Macht der damaligen Herrscher (s.Abb.). Erwähnenswert sind die beiden Bände der "Germania Sacra" (1727 und 1729), die Beschreibungen der Diözesen Passau und Salzburg enthalten. Ergänzend zur ältesten kartographischen Darstellung des Abteilandes von J. Haas aus dem Jahre 1720 (Photo) und der Landkarte Bayerns (18. Jhd.) zeigt ein kolorierter Kupferstich Passaus Aussehen um 1576. Unmittelbar daneben symbolisiert ein spätbarocker Friedensengel die kriegsfreie Zeit unter fürstbischöflichem Krummstab.
Von der Geschichte Waldkirchens (Farbe blau) wird im angrenzenden Raum berichtet. Ein Modell des Marktes veranschaulicht die örtlichen Gegebenheiten um 1830. In der Wandvitrine dahinter wird mit Maßen und Gewichten, mit Marktordnung und Bildern (17.-19. Jhd.) das ehemalige Marktwesen wieder lebendig. Davor dokumentieren Funde, Urkunden, Freiheitsbriefe und Ortsansichten Waldkirchens Geschichte. Auf einer Zeittafel sind rechts davon die wichtigsten Ereignisse mit Jahreszahlen abzulesen, während Münzen, Sonderprägungen und das Waldkirchner Notgeld daneben gezeigt werden. Großen Rahmen nehmen anschließend die Modelle landwirtschaftlicher Gerätschaften, die hier in früherer Zeit Verwendung fanden, ein. Nachdem Waldkirchen schicksalsbedingt 6 Marktbrände hinnehmen mußte, ist auf der gegenüberliegenden Seite dem Feuerlöschwesen und der Wachsamkeit Platz gegeben (19. Jhd.). Mit der Darstellung des in den letzten Kriegstagen im April 1945 zerstörten Marktes und dem Modell für den Wiederaufbau der Kirchturmspitze schließt der Teilbereich Ortsgeschichte.
Darüber ist hier in komprimierter Weise auf mehreren Informations- und Schautafeln zu erfahren. Als bedeutsame Exponate dazu gelten die beiden in Holz gefertigten Trag- und Säumersättel (18. Jhd.) mit einer Leittierglocke (17. Jhd.), das Modell eines Säumerzuges (s. Abb.), die Hufeisen der Saumpferde (s. Abb.), angefangen vom 14. bis zum 18. Jhd., sowie die in der Tischvitrine gezeigten Siegel, Mautzeichen, Mandate, Münzen und ein Säumerstock aus der Zeit des Saumverkehrs. Besonders ins Auge fällt der als Schnitt nachempfundene Wehrgang der Waldkirchner Ringmauer, in deren Schutz die Säumer Rast hielten.
Ergänzend zur Geschichte Waldkirchens nimmt im Erdgeschoß eine Ausstellung (Farbe grau) zum Thema "Volksfrömmigkeit, Bürgerliches Leben, Handel, Handwerk und Gewerbe" breiten Rahmen ein. Zu Beginn steht der religiöse Bereich mit den an der Wand aufgereihten Kreuzen für Flur, Friedhof und Haus. Anschließend wird mit Amuletten, Fraisenkette und Totenkrone (s. Abb.) an einstiges und mit Darstellungen von Emmausgang, Leonhardiritt und Sternsingen sowie einem Rosenkranz an heute noch praktiziertes Brauchtum erinnert. Gegenüber folgt im Rahmen der Volksfrömmigkeit die Darstellung eines Herrgottswinkels bäuerlicher Art mit Eingerichten, Heiliggeistkugel und Kreuz (18./19. Jhd. ). Als wichtiger Bestandteil religiösen Lebens durften auch die großen Wallfahrten wie Mariazell, Pribram und Altötting, mit Exponaten aus dem 17.-19. Jhd. belegt, und ein Votivbild der einheimischen Frischecker Wallfahrt (18. Jhd.) nicht fehlen. Daneben beschließen 2 Vitrinen mit Krippendarstellung aus dem bürgerlichen Bereich (18. Jhd.) sowie Kapelleneinrichtung (18. Jhd.) diesen Teilabschnitt.
Weiter folgt das "Bürgerliche Leben". So wird mit Wohnstube (Gläser), Küche (Gerätschaften) und Feier (Hochzeitsutensilien) aus dem 18. und 19. Jhd. ausschnittweise die Lebensart der Menschen zum Ausdruck gebracht. Gesellschaftlich von Bedeutung waren in Waldkirchen Theateraufführungen, an die Plakate und Theaterlanze erinnern. Unterhaltung, Essen, Trinken, Rauchen und Schnupfen waren und sind heute noch Wesensmerkmale im Vereinsleben. Teller, Bierkrüge und Schnupftabakgläser aus dem 19. Jhd. bekunden das gesellschaftliche Miteinander damaliger Zeit.
Stellvertretend für "Handwerk und Gewerbe" stehen die beiden letzten Vitrinen mit der Hinterlassenschaft des Waldkirchner Chirurgen Caspar Staudenhöchtl. Zwei Ölbilder (um 1800) zeigen das Ehepaar Staudenhöchtl in der Tracht ihrer Zeit. Medizinische Gerätschaften, Baderschüssel (s. Abb.) und persönliche Dinge geben Zeugnis von Leben und Arbeit im 18./19. Jhd.
Im Nebenraum ist eine kleine Waffenkammer eingerichtet, in der Verteidigungswaffen zu finden sind. Wallgeschütz, Schwert und Hellebarde (17. Jhd.) spielten einstmals eine große Rolle. Eine Wendeltreppe führt von hier aus in das Untergeschoß. Dort werden in einer Szene zwei zechende Säumer gezeigt, wie sie einst nach erfolgreichen Geschäften mit hiesigen Händlern in Waldkirchen Rast hielten.
Mit dem hl. Nikolaus (um 1500), dem Patron der Kaufleute und Händler, die in Waldkirchen eine nicht unerhebliche Rolle spielten, schließt sich im Eingangsbereich der Kreis des Rundgangs durch das Museum.