Foto: Museum für Aktuelle Kunst - Sammlung Hurrle Durbach
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Museum für Aktuelle Kunst - Sammlung Hurrle Durbach

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Almstraße 49
77770 Durbach
Tel.: 0781 93 201 403
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Öffnungszeiten:

Mi-Fr 14.00-18.00 uhr
Sa, So 11.00-18.00 Uhr

Getrennte Welten - Formen des Eigensinns: Kunst in Ost und West vor der Wende

18.10.2014 - 21.06.2015

Am 19. Januar 1989 behauptete DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker, die Mauer werde auch in 50 oder 100 Jahren noch bestehen. Noch im selben Jahr erwies sich seine Zuversicht als Irrtum, als am 9. November desselben Jahres die Grenzen zwischen Ost- und Westdeutschland geöffnet wurden und mit der Wiedervereinigung ein neuer Abschnitt deutscher Geschichte geschrieben wurde. Fast 30 Jahre liegen zwischen dem Bau und dem Fall der Mauer; 40 Jahre lang währte die politische deutsche Trennung, welche auch die Kunstwelt beiderseits der Grenze stark geprägt hat.
Zum 25. Jahrestag des Mauerfalls beleuchtet nun die Ausstellung „Getrennte Welten - Formen des Eigensinns. Deutsche Kunst in Ost und West vor der Wende“ die Wege, die Künstler in Ost und West beschritten haben, ohne die beiden Kunstwelten auf den Kontrast der künstlerischen Praxis zwischen den politischen Systemen reduzieren zu wollen. Ausgehend von der letzten grenzübergreifenden deutschen Kunstausstellung in Dresden 1946, in welcher die gemeinsamen Wurzeln und damaligen abstrakten wie figurativen Kunstströmungen erkennbar werden, stellt sich die faszinierende Frage, wie Kunstschaffende sich in ihrer jeweiligen Lebenswelt behauptet haben, wie sie sich arrangiert oder welche Formen künstlerischen Eigensinns sie entwickelt haben. Denn während die ostdeutsche Kunst durch das politische System in ihrer Freiheit eingeengt wurde, geriet die westdeutsche Kunst zunehmend durch die Forderungen eines kapitalistischen Kunstmarkts unter Druck.
Unter vier Schlagworten, dem Wiederanknüpfen, dem Aufbrechen, dem Ausbrechen und dem Fortentwickeln, werden ausgewählte künstlerische Formen des Eigensinns in Ost und West beleuchtet. So knüpften Akademien in Ost und West neu an, beispielsweise weist der akademische Start im Halle der Nachkriegsmoderne, wo auch Willi Sitte lehrte, viele Ähnlichkeiten mit dem der Karlsruher Akademie auf (unter anderem HAP Grieshaber mit seinen Schülern Horst Antes, Heinz Schanz und Walter Stöhrer), wobei beide Akademien in den 1950er Jahren durch Abwanderung miteinander verbunden waren (z.B. Herbert Kitzel). Die informelle Kunstströmung wiederum bedeutete einen Aufbruch, der keineswegs auf Westdeutschland mit seinen gut organisierten Gruppen wie „Junger Westen“ um Emil Schumacher in Recklinghausen beschränkt war, sondern auch in Dresden Vertreter wie beispielsweise Hans Christoph fand, die damit allerdings gegen offizielle Kunstleitlinien verstießen. Diesen Leitlinien entsprach eher die Leipziger Schule mit Künstlern wie Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer, welche jedoch mit ihren gesellschaftsanalytischen Motiven zum Teil in einem spannungsgeladenen Verhältnis zu den idealisierten Vorstellungen des sozialistischen Realismus stand. In Westberlin ergab sich derweil eine westliche Spielart figürlicher Kunst, die von der Produzentengalerie Großgörschen 35 (u.a. Karl Horst Hödicke, Bernd Koberling und Markus Lüpertz), also einer von den Künstlern selbst organisierten Verkaufseinheit, unter die Leute gebracht wurde.
Der Sehnsucht nach Ausbruch hingegen gaben in den 70er und 80er Jahren die Kollektive Raum: Hauptvertreter im Osten die Dresdner Lücke TPT (um Ralf Winkler/ A. R. Penck und Peter Herrmann) und Clara Mosch aus Karl-Marx-Stadt (u.a. Michael Morgner, Thomas Ranft), im Westen das Münchner Kollektiv Herzogstraße (u.a. Heiko Herrmann, Helmut Sturm) 1984 bot der 1. Herbstsalon Leipzig den ausbrechenden Künstlerkollektiven eine Plattform, deren rebellische und künstlerisch ambitionierte Arbeiten damit an die Öffentlichkeit gelangten. In den 80er Jahren machen sich hingegen bereits Auflösungserscheinungen bemerkbar, die künstlerische Entwicklung nimmt das Ende der Trennung vorweg und führt die beliebte Einteilung von abstrakter Westkunst und figurativer Ostkunst endgültig ad absurdum.
Neben die größeren Strömungen und Tendenzen tritt eine Vielzahl von Einzelpositionen, die sich gegen jede Kategorisierung sträuben und gerade mit ihrer Einzigartigkeit unter Beweis stellen, dass künstlerische Freiheit, eben Formen des Eigensinns, sich auch unter schwierigen Bedingungen zu behaupten wissen. Die Ausstellung führt durch die Entwicklungen deutscher Kunstgeschichte während der politischen Trennung, entdeckt Schritt für Schritt schlaglichtartig die vielen Facetten deutscher Kunst vor 1989 und vermittelt eine Vorstellung der kreativen Vielfalt in beiden politischen Systemen unter Berücksichtigung der gemeinsamen Wurzeln. Ergänzt wird der umfassende Bestand der Sammlung Hurrle durch bedeutende Leihgaben, unter anderem aus Berlin, Dresden, Halle und Leipzig. Die Ausstellung umfasst mehr als 180 Exponate.

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