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Anonyme Skulpturen. Video und Form in der zeitgenössischen Kunst

10.10.2010 - 06.02.2011
Die Erscheinung eines Videobildes erfordert stets auch eine räumliche und Form gebende Präsentation mittels Technik. Die Ausstellung Anonyme Skulpturen thematisiert den Umgang junger Künstler mit dem flüchtigen Videobild und dessen skulpturaler Präsenz im Raum. Video und Skulptur, zwei scheinbar natürliche Gegenpole, greifen in aktuellen räumlichen Installationen ineinander und schaffen ein komplexes ästhetisches Zusammenspiel zwischen Bild und Objekt. Oftmals bleibt der skulpturale Aspekt einer multimedialen Arbeit zunächst anonym und wird erst auf den zweiten Blick erkennbar. Inhaltlich geraten verschiedene soziokulturelle Tendenzen unserer heutigen Gesellschaft und ihre medialen, urbanen und ökologischen Auswirkungen in den Fokus. Der Standpunkt des Einzelnen und dessen Verhältnis zu einer mittlerweile hoch komplexen und durch eine Flut von bildlichen Informationen geprägten Umwelt werden dabei immer wieder überprüft. Auf dieser thematischen Karte verortet die Ausstellung acht internationale Künstler und Künstlerinnen, die sich seit den 1990er Jahren mit ihren Arbeiten im Grenzbereich Skulptur, Video und Installation bewegen. So hält Fiona Tan in Study for Provenance, 2008, ihre beiden Söhne beim Spiel in der heimischen Wohnung mit der Kamera fest. Sie entwirft dieses Porträt in einem undefinierten Zwischenformat: Der Flatscreen-Monitor an der Wand wirkt wie ein Bildobjekt, wie eine gerahmte Schwarz-Weiß-Fotografie -ein Eindruck, der durch die Spärlichkeit der Handlung noch verstärkt wird. Diese Bildhaftigkeit bringt die Videotechnik nahezu zum Verschwinden. Fiona Tan kehrt das Private ins Öffentliche; dem autobiographischen Verweis verleiht sie dabei den Charakter allgemeiner Gültigkeit. Diana Thater reflektiert hingegen explizit das Verhältnis zwischen Natur, Technik und Mensch. Sie hat den nordamerikanischen Monarch-Schmetterling für Untitled (Butterfly Videowall #2), 2008, in seinem Winterquartier in Michoacan, Mexiko, gefilmt. Flatscreen-Monitore, DVD-Player und Kabel demonstrieren den medial-technischen Zugriff auf die Welt der Tiere und Pflanzen. Dieser eher technoiden Kühle der Installation begegnet Thater mit einer intensiven, sinnlichen Farbigkeit, in die der umgebende Raum eingetaucht ist. In der Arbeit Race Riot, 2001, konfrontiert Paul Pfeiffer den Betrachter mit der Welt des Sports und einer damit verbundenen medial geprägten Massengesellschaft. In einer Vitrine, die an Seherlebnisse im Naturkundemuseum erinnert, stellt Pfeiffer einen digitalen Camcorder mit ausgeklapptem Display aus. Das Video zeigt einen kurzen, manipulierten Ausschnitt aus einem Basketballspiel. Videobild und Technik verschmelzen zu einer einprägsamen Metapher für mediale und gesellschaftliche Kreisläufe. Die Ausstellung Anonyme Skulpturen mit ihren zum Teil raumbezogenen, zum Teil formal geschlossenen multimedialen Werken lädt zu einer Revision von Gattungsgrenzen, zum Nachdenken über die Beschaffenheit und Durchlässigkeit von an sich getrennten Kategorien ein. Durch das Zusammenspiel von videografischen und skulpturalen Elementen entstehen komplexe Bildräume, die durchaus auch widersprüchliche Erfahrungen im Spannungsfeld von Technik, Natur, Gesellschaft und Individuum auslösen.

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