Kunstverein in Hamburg, Foto: Fred Dott
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Kunstverein in Hamburg

Kunstverein in Hamburg, Foto: Fred Dott
Kunstverein in Hamburg, Foto: Fred Dott
Kunstverein in Hamburg, Foto: Fred Dott
Kunstverein in Hamburg, Foto: Fred Dott

Klosterwall 23
20095 Hamburg
Tel.: 040 33 83 44
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Öffnungszeiten:

Di-So 11.00-18.00 Uhr
Do 11.00-21.00 Uhr

The History Show

28.01.2017 - 02.04.2017

Die Gruppenausstellung The History Show bildet den Auftakt zum 200-jährigen Jubiläum des Kunstverein in Hamburg und basiert auf der wissenschaftlichen Aufarbeitung seiner facettenreichen Historie.

Das Forschungs- und Ausstellungsprojekt ist in Kooperation mit dem Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg unter der Leitung von Prof. Dr. Uwe Fleckner entstanden. Im Fokus der Untersuchung steht die Gründungs- und Ausstellungsgeschichte von 1817 bis in die Gegenwart. Ausgehend von der Recherche wurden thematische Schwerpunkte identifiziert, die die Arbeit des Kunstvereins in den vergangenen zweihundert Jahren geprägt haben. Kategorien der Kunstvermittlung und historische Momente der Vereinsgeschichte wurden im historischen Rückblick ermittelt und auf ihre Perspektive für das zukünftige Wirken hin untersucht.

Jeder dieser Themenschwerpunkte wurde von Künstlerinnen und Künstlern aufgegriffen, die oft eng mit Hamburg verbunden sind und deren Arbeit für einen reflexiven Diskurs mit historischen Phänomenen steht. Sie waren dazu eingeladen, auf das recherchierte Material zu reagieren, bestehende Werke hinzuzufügen oder auch neu zu produzieren, um der Geschichte kritisch zu begegnen, sie zu kommentieren und in Frage, ja, auf den Kopf zu stellen.

Für die räumliche Gliederung haben wir Olaf Nicolai eingeladen, der auf Grundlage der historischen Displayentwürfe von Karl Schneiders Kunstvereinsgebäude an der Neuen Rabenstraße 24 (1930-33) eine facettenreiche, ornamentale und auch institutionskritische Ausstellungsarchitektur entworfen hat, die sich als objekthafte Reflexion durch den Raum zieht, in dem die anderen Beiträge sich entfalten können.

Im Kapitel Bürger und Bourgeoisie zeigt Werner Büttner die Serie Vereinsköpfe aus 200 Jahren. Durch digitale Verfremdung enthistorisiert er vereinswichtige Köpfe und versucht diesen eine stimmige Charakteristik gegenüberzustellen. Sein nüchternes Fazit: Erst frisst die Zeit den Menschen und dann die Erinnerung an ihn.
Angelehnt an Armando, der 1989 an der Gruppenausstellung Landschaftsbilder im Kunstverein teilnahm, widmet sich Beate Gütschow dem Heimatbegriff, wobei sie den klassischen Darstellungsformen von Landschaft Tribut zollt. Marjetica Potrč und ihre Klasse reagieren auf das Kapitel Religion und Sentiment und beziehen sich auf die Biennale des Friedens von 1985. Einem Manifest ähnlich proklamieren sie mit Politics and Love die Liebe für das Gegenüber als Grundlage eines politischen Konzepts. Franz Erhard Walther beschäftigt sich in dem Kapitel Bildfindung – Formfindung mit der künstlerischen Entwicklung von 15 Künstlern – von Philipp Otto Runge bis Andy Warhol –, die in der Geschichte des Kunstvereins eine wesentliche Rolle spielen.
Das Künstlerinnen-Kollektiv 3 Hamburger Frauen erstellt für das Kapitel Identitäten ein metaphorisch aufgeladenes Wandgemälde, das die Stationen des Kunstvereins aufgreift und wichtige Passagen seiner Geschichte mit Collagen begleitet. Im Mittelpunkt stehen sie selbst, die Künstlerinnen. Unter dem Titel Verehrt – verfemt – vernichtet thematisiert Uwe Fleckner die Auswirkungen des Nationalsozialismus auf den Kunstverein. Hatte Karl Schneiders modernistisches Ausstellungsgebäude des Kunstvereins von 1930-33 eine avantgardistische Funktion als Vermittlungsort zeitgenössischer Kunst, so wurde es 1937 zwangsversteigert, dem Staat als Eigentum übertragen und fiel 1943 einem Bombenangriff zum Opfer.

Daniel Knorrs Arbeit Reconstruction steht im Kontext des Kapitels Rehabilitierung der Moderne und reflektiert den Wiederaufbau nach 1945. Sie beschäftigt sich mit dem Umgang mit Ressourcen im Zeitalter der Industrialisierung der Nachkriegszeit und ihrer vielfältigen globalen, gesellschaftlichen, politischen und ökologischen Auswirkungen. Die Politisierung der westdeutschen Kunstszene ging auch am Kunstverein nicht spurlos vorbei. Dani Gal kehrt in seiner vielschichtigen Installation an ihren Ursprung zurück, indem er Simon Wiesenthal und Albert Speer fiktiv aufeinandertreffen lässt, um die vielseitigen Rezeptions- und Deutungsmöglichkeiten von Geschichte zu diskutieren. Katrin Mayer befasst sich im Kapitel DDR Kunst in der Bundesrepublik Deutschland mit der Ausstellung Zeitvergleich, die 1982/83 im Kunstverein gezeigt wurde.
Indem Mayer DDR-Künstlerinnen wie Cornelia Schleime in den Mittelpunkt rückt, unternimmt sie eine Neubefragung dieser Zeit. Im Kapitel Institutionskritik reagieren Christian Philipp Müller und Burk Koller auf einen wichtigen Aspekt der jüngeren Kunstgeschichte. Müller geht von einer Installation aus, die er in den 1990er Jahren zur Kunstmeile Hamburg geschaffen hat.
In seiner neuen Arbeit spielen ein Tisch von Rirkrit Tiravanija, ein Tauschgeschäft und ein bekannter Hamburger Kunstmäzen entscheidene Rollen.

Burk Koller dagegen lässt einen Banner mit einem Open Call aus Franz Kafkas Der Verschollene mit einem Flugzeug über dem Kunstverein kreisen.


Kuratiert von Bettina Steinbrügge und Corinna Koch.

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