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Kunsthalle Erfurt


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Bettina van Haaren: Partikel und Membranen

18.07.2010 - 29.08.2010
Die Bilder, welche Bettina van Haaren (*1961) seit Jahren malt, verstören. Nicht, dass sich auf ihnen Darstellungen von Gewalttaten und anderer Schrecken fänden oder die Künstlerin stilistisch gegen alle Erwartung anmalte. Nein, zum Programm ihrer Figuration gehören weibliche Akte, zumeist im Fragment, alltägliche Dinge – Rollrasen, schwarze Gartenfolie, Kunststofftüten, Europaletten, Abwasserrohre, Spielplatzgeräte, aufblasbare Figuren und Pools, Vasen, Wäschestapel etc., aber auch Tierpräparate – die lakonisch und akkurat mittels Eitempera- und Ölfarben auf die weißen Flächen der Leinwände gemalt wurden. Irritierend ist jedoch die Beobachtung, dass sämtliche Figuren merkwürdig isoliert im leeren Bildraum zu schweben scheinen. Man gewinnt den Eindruck, als wären hier Dinge oder deren Fragmente mit einer gewissen Zufälligkeit oder auch Austauschbarkeit aufeinander getroffen – wie bei einer Collage. Ihre Beziehung zueinander bleibt uneindeutig. Das Gemalte wirkt wie gezeichnet, mit Hingabe an Details und die individuelle visuelle Erscheinung der Dinge, wie der bildgewordene Ausdruck einer Haltung des genauen, extrem aufmerksamen Beobachtens. Vielleicht sogar einer obsessiven Aufmerksamkeit, die dazu tendiert, sich in der einzigartigen Präsenz der Dinge zu verlieren. Unübersehbar sind die Bezüge zur Stilllebenmalerei, vor allem der holländischen des 17. Jahrhunderts, erst recht in Details wie kleinen Spiegelbildern der Malerin auf den glatten, reflektierenden Oberflächen der Dinge, wo sie sich uns beim Malen in ihrem Atelier zeigt. Doch in demselben Maße, wie die Protagonisten des Goldenen Zeitalters der niederländischen Malerei noch alles im Zusammenhang des einen – und einenden – christlichen Weltbildes betrachteten, scheint durch die figurativen Arrangements der Bilder Bettina van Haarens das moderne Bewusstsein und die moderne Erfahrung von Kontingenz hindurch, eine verwirrende Multiperspektivität beim Blick auf das Eigene und auf die Welt, für die Robert Musil das Wort Möglichkeitssinn erfand: Zwar sind die Dinge und Verhältnisse so, wie sie sind. Doch sind sie es nicht notwendig; sie sind stets auch anders vorstellbar und möglich. Bettina van Haaren hat in ihre Kompositionen zahlreiche formale Korrespondenzen eingeschrieben, die sich wie eine symbolische Bewältigung dieser Erfahrung lesen lassen.

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