Das neue Historisches Museum, Foto: Stadt Frankfurt HBA Robert Halbe
KULTURpur - Wissen, wo was läuft!

Historisches Museum Frankfurt/Main

Historisches Museum Frankfurt/Main, Sammler und Stifter, Foto: HMF Petra Welzel.jpg
Historisches Museum Frankfurt/Main, Sammler und Stifter, Foto: HMF Petra Welzel.jpg
Das neue Historisches Museum, Foto: Stadt Frankfurt HBA Robert Halbe
Das neue Historisches Museum, Foto: Stadt Frankfurt HBA Robert Halbe

Fahrtor 2 (Römerberg)
60311 Frankfurt/Main
Tel.: 069 212 35 154
Homepage

Öffnungszeiten:

Di-So 10.00-17.00 Uhr
Mi 10.00-21.00 Uhr

Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg

15.04.2010 - 29.08.2010
Siebzig Jahre nach Kriegsbeginn verhandeln die nachfolgenden Generationen intensiver denn je die Nachlässe und Erinnerungen aus dem Zweiten Weltkrieg. Wie geht man mit den Fotoarchiven, aufbewahrt in Schränken und Schubladen, um? Die Ausstellung bietet Lesarten und Sichtweisen für ein tieferes Verständnis dieser Bildarchive an. 1939 besaßen rund 10 Prozent aller Deutschen einen eigenen Fotoapparat. Viele Soldaten folgten bereitwillig der Aufforderung des Propagandaministeriums, auch im Krieg die Kamera nicht ruhen zu lassen. Neben den Feldpostbriefen sollten auch die Knipserfotos der Soldaten den Zusammenhalt zwischen Front und Heimat stärken. Zu Beginn des Krieges fotografierten die Soldaten Kameraderie und militärischen Alltag in der Kaserne und präsentierten stolz die erste Uniform. In den besetzten Ländern und an der Front richtete sich die Kamera nicht nur auf die Zerstörungen der Wehrmacht, sondern auch auf die flüchtende Zivilbevölkerung und die Kriegsgefangenen. Die Bildauswahl in den Alben zeigt, dass fremde Landschaften und Menschen von besonderem Interesse für die Soldaten waren. Fotos vom besetzten Paris vermitteln einerseits den Siegergestus der deutschen Truppen, zum anderen zeigen Motive wie der Eiffelturm oder die Akropolis in Athen, dass die Soldaten, die oft zum ersten Mal im Ausland waren, auch den touristischen Blick auf Sehenswürdigkeiten wiederholten. Die Sichtweise auf das Fremde war jedoch vielfach durch die NS-Bildpropaganda geprägt. Französische Kolonialsoldaten wurden durch Inszenierung und Bildunterschrift in rassistischer Weise präsentiert, bärtige Männer in abgewetzter Kleidung denunziatorisch als "typische Juden" bezeichnet. Hinter scheinbar harmlos wirkenden Knipserfotos verbergen sich häufig Unsicherheit und Angst, aber auch Gewalt und Zerstörungen. Ein Foto mit der Beschriftung "Still ruht der See" erscheint in einem Album zunächst als idyllische Landschaftsaufnahme. Erst die mündlich überlieferte Erzählung legt den Kontext frei: In dem dargestellten See hatten Wehrmachtssoldaten Raubgut aus geplünderten französischen Dörfern versenkt, da ihnen ein Spindappell bevorstand. So zeigen die fotografierenden Soldaten zwar keine authentischeren Bilder der Front, aber doch eine differenziertere Perspektive als die der "Bildberichter" im Dienst der Propaganda-Kompanien, deren Bilder die offizielle Sicht auf den Krieg dominierten. Die Soldaten tauschten intensiv ihre Fotos untereinander, so dass ein Album verschiedene Wahrnehmungen des Krieges widerspiegelt. Rund 150 Fotoalben aus Privatbesitz - Leihgaben von ehemaligen Wehrmachtssoldaten und ihren Angehörigen aus Norddeutschland - sowie Alben aus Museen und Archiven bilden die Basis der Ausstellung. Sie ist das Ergebnis eines Forschungsprojekts von Dr. Petra Bopp an den Universitäten Oldenburg (Prof. Dr. Detlef Hoffmann) und Jena (Prof. Dr. Norbert Frei). Im Rahmen dieser Forschung wurden auch Zeitzeugeninterviews geführt, von denen drei als Videointerviews in die Ausstellung eingingen. Die von Dr. Petra Bopp und Sandra Starke konzipierte Ausstellung ist eine Kooperation zwischen dem Stadtmuseum Oldenburg, der Sammlung Fotografie im Münchner Stadtmuseum, dem Stadtmuseum Jena und dem historischen museum frankfurt. Das umfangreiche Begleitprogramm wird gemeinsam mit dem Fritz-Bauer-Institut, dem Jüdischen Museum und der Pupille. Kino an der Uni durchgeführt.

KULTURpur empfehlen