Foto: Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité
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Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité - (Historische pathologisch-anatomische Präparatesammlung)

Foto: Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité
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10117 Berlin
Tel.: 030 450 53 61 56
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Mi, Sa 10.00-19.00 Uhr

Arsen und Spitzenforschung - Paul Ehrlich und die Anfänge einer neuen Medizin

15.04.2015 - 27.09.2015

In der nach ihm benannten Straße in Frankfurt stehen noch heute die Institutsgebäude, in denen Paul Ehrlich vor über 100 Jahren das erste synthetische Antibiotikum entwickelte. Es brachte den Durchbruch im Kampf gegen die Syphilis und kam 1910 als Salvarsan - heilendes Arsen - auf den Markt. Systematisch hatte Ehrlich Hunderte jeweils leicht modifizierte Varianten einer Arsen-haltigen Substanz synthetisieren und diese dann in seriellen Tierversuchen auf ihre Wirksamkeit prüfen lassen. Heute ist dieser Ansatz ein gängiges Verfahren bei der Entwicklung von Medikamenten, damals war es ein neuer Weg. Als Begründer der Chemotherapie erschloss Ehrlich damit ein eigenes Forschungsfeld an der Schnittstelle von Medizin, Chemie und Biologie.
Die Ausstellung zeigt, dass Paul Ehrlich bereits als Medizinstudent ein ausgeprägtes Interesse für chemische Prozesse besitzt. Insbesondere erkennt er das Potenzial der erst seit kurzem verfügbaren Teerfarbstoffe. Seine Beiträge zur Kenntnis der Anilinfärbungen und ihrer Verwendung in der mikroskopischen Technik erscheinen 1877, noch zu Studienzeiten. In dieser Zeit entdeckt und benennt er auch eine neue Zellgruppe, die Mastzellen, deren Bedeutung für allergische Reaktionen man allerdings erst später erkennt.
Ganz offenbar steht Paul Ehrlich lieber im Labor als am Krankenbett, sei es als Assistenzarzt an der Berliner Charité, wo er 1878 seine erste Anstellung findet, oder später in Robert Kochs Berliner Institut für Infektionskrankheiten. Es ist eine spannende Zeit, in der Koch und andere Forscher bakterielle Erreger als Ursache von gefürchteten Infektionskrankheiten erkennen und die fieberhafte Suche nach Heilmitteln beginnt. Mit Emil Behring zusammen entwickelt Paul Ehrlich ein Heilserum gegen die hoch gefährliche Kinderkrankheit Diphtherie. Darauf aufbauend formuliert er seine geniale Seitenkettentheorie, mit der er die Bildung der im Serum vorhandenen Antikörper erklärt, die das Diphtherietoxin neutralisieren. 1908 erhält Ehrlich dafür den Nobelpreis, zusammen mit Eli Metchnikoff, einem weiteren Gründungsvater der Immunologie.
Für die staatliche Kontrolle und Standardisierung des Diphtherie-Heilserums und weiterer Präparate wird 1896 in Berlin ein neues Institut gegründet, das 1899 als Königliches Institut für Experimentelle Therapie nach Frankfurt zieht - Paul Ehrlich ist sein Direktor und zieht mit an den Main. Sieben Jahre später ermöglicht die großzügige Spende der Frankfurter Bankierswitwe Franziska Speyer den Bau des Georg Speyer-Hauses für Chemotherapie in direkter Nachbarschaft. Dort entwickelt Ehrlich schließlich sein Salvarsan.
Paul Ehrlich war ein Lebenswissenschaftler par excellence: Seine interdisziplinäre Forschung berührte Aspekte der Histologie und Farbenchemie, Pharmakologie, Immunologie und Krebsforschung. Anlässlich seines 100. Todestages spürt die Ausstellung, die in Kooperation mit dem Berliner Medizinhistorischen Museum entsteht, den Arbeiten und Ideen des Mediziners nach und verfolgt manche seiner visionären Gedanken bis in unsere Zeit. Von Ehrlichs ehemaligen Instituten, die als Paul Ehrlich-Institut in Langen und als Georg Speyer Haus am ursprünglichen Standort weiterhin Spitzenforschung betreiben, wird die Schau mit historischen Objekten unterstützt. Auch eindrucksvolle Stücke aus dem New Yorker Rockefeller Archive Center, das den größten Teil von Ehrlichs Nachlass bewahrt, werden zu sehen sein und einen mitunter sehr persönlichen Blick auf den erfolgreichen Forscher ermöglichen.

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