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Galerie Eigen+Art Berlin


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vertretene Künstler

Neo Rauch

Neo Rauch: Die Versenkung

04.06.2016 - 02.07.2016

Woran glauben wir – an die Möglichkeit eines Ganzen, noch immer, oder nur mehr ans Fragment? Ein großer Teil heutiger Kunst ist fragmentarisch gestimmt. Tanz der Teilchen. Neo Rauch tanzt da nicht mit. Wer sich auf sein Werk einlässt, tritt in einen Raum ein, der größer und ganzer sich dehnt als ein Projekt, eine Saison. Vielleicht ist es das, was manche bei diesem Maler als Provokation empfinden. Einer, der nicht klein beigibt, der noch einmal groß ausgreift. Das tut man nicht mehr, das geht heute nicht mehr? Aber er tut es doch, also geht es. Quod erat demonstrandum. Es ist nicht so, dass Neo Rauch nie darüber nachgedacht hätte, seinen Kosmos zu verlassen und sich neu zu erfinden, er hat es oft getan. Aber dann erwies sich der Raum seiner Kunst als noch immer zu unerforscht, zu fruchtbar auch, zu sehr Gestalten und Visionen hervortreibend, um ihn gelangweilt zu verlassen.
Dieser Raum ist keine bloße Idee, es gibt ihn wirklich – das Atelier. Unter den Werken dieser Ausstellung ist eines, das uns dorthin führt, wo die Bilder entstehen. Oft arrangiert Neo Rauch das Bildgeschehen in oder vor Landschaften, aber dieses eine Bild spielt im Atelier selbst. Eine Szene, ganz in Nachtblau getaucht. Ein Mann, traum- oder gedankenversunken vor einem großformatigen Bild sitzend. Wir dürfen annehmen, es ist der Maler, auch wenn er ein Schwert bei sich führt statt eines Pinsels, aber es ist, wie alles hier, eben ein blaues Schwert, der Mann kämpft seinen nächtlichen Kampf mit der Waffe der Romantik. Und wer sonst als ihr Herr und Diener wäre zu nächtlicher Stunde mit seinen Bildern allein?
Wir kennen solche etwas unheimlichen Nächte, in denen der Tagmensch träumt und das tagsüber Unbelebte sich belebt, aus der Literatur – hier ist es eine intime Szene, die eine Ahnung davon gibt, wie die Bilder zum Künstler kommen, wie eigenwillig und eigensinnig sie sind, wie viel Kraft und Geschick es braucht, sie zu bändigen und in die Arena seiner Leinwand zu führen. Wie ausgeliefert ihr Hirt und Bändiger sein kann, deutet ein anderer Seinszustand im Bildhintergrund an: Ein zweiter Mann am Atelierfenster, waffenlos und geschlossenen Auges hingegeben an etwas, das wir nicht sehen, schlafwandelnd am unsichtbaren Seil einer Trance.
Schon wahr, der Rauch'sche Kosmos ist nicht ganz von dieser Welt, aber das Unternehmensziel heißt nicht Eskapismus. Jedenfalls nicht in dem Sinne, dass der Maler sich die Ohren verstopfte, um die Signale der Welt nicht zu hören. Sie sendet und funkt unablässig in sein Atelier hinein, als Maler nimmt er sich allerdings das Recht, mit malerischen Mitteln darauf zu reagieren. Da gibt es Vorhöfe der Hölle. Da tun Knechte und Büttel ihr Werk. „Versenkung" heißt ein Bild, in dem ein Mann zu Grabe getragen oder eben versenkt wird. Was uns aber trifft, ist der neugierig-scheele Blick des Delinquenten, der als nächster dran sein wird, auf das Grabgeschehen – es ist unser aller banger Seitenblick auf ein Weltgeschehen, dessen ohnmächtige Zeugen wir sind. Man müsste sehr ignorant sein, um das brennend Zeitgenössische dieser Kunst zu übersehen.

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