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Oberschlesisches Landesmuseum


Bahnhofstraße 71
40883 Ratingen
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Öffnungszeiten:

Di-So 11.00-17.00 Uhr

Von Leistung, Leid und Leidenschaft. Bergbau-Geschichten nicht nur aus Schlesien

14.10.2012 - 07.04.2013

Schlesiens Geschichte, die Wirtschaft und seine Menschen sind über viele Jahrhunderte mit dem Bergbau verbunden gewesen. Eine wichtige Rolle spielte nicht nur das „schwarze Gold“ – die Kohle. Basalt, Granit, Sandsteine und Marmor, Kies, Kalkstein, Sand und Ton, Eisen- und Kupfererze, Chrysopras und Nephrit zeugen vom geologischen Reichtum der Bodenschätze. Tone und Kaolin – das „weiße Gold“ – waren ausschlaggebend für die Herstellung von Fayence, Keramik und feinem Porzellan.
„Von Leistung, Leid und Leidenschaft – Bergbau-Geschichten nicht nur aus Schlesien“ ist eine Ausstellung, die die Beziehungen der Menschen zu den Bodenschätzen bzw. zum Bergbau betrachtet. Bergbau ist mehr als nur ein Wirtschaftszweig, der den Menschen zu Lohn und Brot verhilft. Die steigende Nachfrage nach Energie und Rohstoffen rückte den Montansektor immer mehr in den Fokus von Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Technik und Gesellschaft. Je nach sozialem Rang und beruflicher Stellung brachten sich viele Menschen engagiert, eigennützig oder zwangsläufig im Bergbau ein.
Die Geschichte des Bergbaus in Schlesien ist eine Geschichte von Innovationen, Macht und Reichtum sowie von Entbehrung und Versehrtheit. Bergbaugeschichte als Verbindung und sogar als Einheit von Wirtschaft, Wissenschaft, Politik sowie als kulturelle Inspiration und soziale Identifikation deutet die Dynamik des Bergbaus und seinen Einfluss auf alle Lebensbereiche an. Bergbau prägt und ist zugleich ein wesentlicher Teil der Geschichte dieser Region und des Selbstverständnisses der dort lebenden Menschen.
Zehnmal so große Lagerstätten wie im Ruhrgebiet und diese qualitativ hervorragend hat der Kohlebergbau Oberschlesiens aufzuweisen. Diese Erfolgsgeschichte fordert zur Verbindung und der vergleichenden Betrachtung mit dem anderen großen Revier Preußens bzw. Deutschlands heraus. Schwierige geologische, geographische und politische Gegebenheiten verlangten seit dem 18. Jahrhundert außergewöhnliche Anstrengungen findiger Persönlichkeiten. Ihre klugen Entscheidungen sowie zukunftsorientierte Maßnahmen haben das oberschlesische Industriegebiet lange Zeit zu einem der größten europäischen Zentren der Montanindustrie gemacht. Montanunternehmer wie Karl Godulla und Franz Graf von Ballestrem stehen darum neben königlichen Bergbeamten wie Friedrich Wilhelm Graf von Reden und Rudolf von Carnall. Denn nur die geeignete Bergordnung, die Ausbildung in der Bergakademie, technische Innovation, z. B. der früheste Einsatz von Dampfmaschinen in Preußen sowie weitere beispielhafte Leistungen, ließen diese rasche Entwicklung zu. Doch es gab auch dunkle Seiten, die die Menschen bedrückten und auf ihnen lasteten. Schwere Arbeitsbedingungen, Grubenunglücke und schadstoffbelastete Umwelt sind die Kehrseiten rücksichtsloser industrieller Dynamik.
Die Ausstellung ist durch eine neue und gesamtheitliche Sicht geprägt. Ausgehend von den Rohstoffen und ihrer Entstehung wird der Besucher mithilfe eines Zeitstrahls durch die verschiedenen Abteilungen geleitet. Der Weg führt von den Anfängen des Bergbaus in Schlesien, über die preußische Zeit ins moderne Industriezeitalter bis hin zum längst noch nicht abgeschlossenen Strukturwandel. Mit vielen Objekten, historischen Dokumenten und Fotografien werden technisches Know-how, wichtige Hütten und Gruben, bedeutende Bergbaupioniere, Industriemagnaten, Direktoren und Minister anschaulich in Szene gesetzt. Besonders für die jüngeren Besucher ist die schwere Schichtarbeit eines Bergmanns kaum mehr vorstellbar. Eine eigene Abteilung rekonstruiert deshalb einen Arbeitstag im Leben eines Bergmannes mit sämtlichen Abläufen unter- und übertage, charakteristischen Werkzeugen, Kleidungsstücken und anderen Bergbaurealien. Aufgezeigt werden die Gefahren des Bergbaus, Sicherheit und Rettungsmaßnahmen, Entlohnung, Krankheiten und Streik. Und wo ging ein Bergmann untertage zur Toilette? Auch auf diese Frage gibt die Ausstellung eine Antwort.
Die schwierigen Lebensbedingungen lassen sich auch in den Wohnstätten, Kunstwerken und Traditionen erkennen. In vielen Festen, Liedern und religiösen Traditionen wird heute die montanindustrielle Vergangenheit lebendig gehalten. Eine wichtige identitätsstiftende Rolle spielt die Industriekultur. So werden auf der Route der Technikdenkmäler immer mehr dieser industriegeschichtlichen Zeugnisse in der Woiwodschaft Schlesien für Touristen zugänglich gemacht.

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