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Museum für Sepulkralkultur


Weinbergstr. 25-27
34117 Kassel
Tel.: 0561 918 930
Homepage

Öffnungszeiten:

Di,Do-So 10.00-17.00 Uhr
Mi 10.00-20.00 Uhr

The Sun ain't gonna shine anymore - Tod und Sterben in der Rockmusik

29.05.2010 - 12.09.2010
Die neue Sonderausstellung "The Sun Ain't Gonna Shine Anymore – Tod und Sterben in der Rockmusik“ befasst sich mit der dunklen, morbiden Seite des Glitzerbusiness. Idee und Zusammenstellung der umfangreichen Schau stammen von der Stiftung Künstlerdorf Schöppingen. 200 Platten- und CD-Cover, zahlreiche Songbeispiele ergänzt durch übersetzte Songtexte, Videoclips und dreidimensionale Exponate führen die Besucher in die Welt jenseits des Lichts, in die atemberaubenden Gewölbe menschlicher Vergänglichkeit und Abartigkeit. Mit der Ausstellung „Rockmusik und Tod“ werden für die Museumsbesucher markante Stationen der Rock- und Popgeschichte vom Ende der 1950er Jahre bis heute an einem wichtigen und häufig verwendeten Thema innerhalb der Rockmusik nachgezeichnet. Leitlinie des Projektes ist dabei das Verhältnis von Musikgenre, Szene und Jugendbewegung auf der einen Seite und der existenziellen Erfahrung von Tod auf der anderen Seite. Deutlich wird an den Exponaten, dass Zeitgeist, Genre und Stilart der Musik jeweils einen ganz eigenen Umgang mit dem Thema bewirkt haben. Deutlich wird auch, dass der Kosmos „Rockmusik“ gerade auch jungen und jugendlichen Menschen eine umfassende und komplexe Sprache bereitstellt, mit der sie auch wesentliche und wichtige Lebensthemen in einer ihr nahen und eigenen Ausdrucksform betrachten, werten und verarbeiten können. Die Ausstellung gliedert dabei den Themenbereich in einen zeitgeschichtlichen Überblick und in die exkursartige Beleuchtung von wichtigen Schwerpunkten. Noch zu Beginn der sechziger Jahre war der Tod als Motiv in der populären Musik nur in Ausnahmefällen präsent. Erst der „Psychedelic Rock“ ab der Mitte der sechziger Jahre mit seinen Abstechern in die Sphären von Bewusstseinserweiterung und "neuen höheren Wirklichkeiten" nutzte bestimmte Potenziale und Stufungen des Todesthemas zum ersten Male ganz gezielt. Gegen Ende dieser weitgehend von "metaphysischen Sehnsüchten" und "Flower Power" geprägten Jahre trat dann mit dem durch exzessivem Lebenstil und Drogen verursachten Tod vieler Supergrößen des Rock, von Jimi Hendrix über Janis Joplin bis zu Jim Morrison, der real erlebte Tod in die Welt des Rock ein. Mit den brutalen Todesfällen unter den Zuschauern beim berühmt-berüchtigten „Altamont-Rock-Festival“ der Rolling Stones war die Illusion des "Summer of Love" jedoch endgültig von der Realität des Todes und auch der tödlichen Gewalt eingeholt worden. Auf den Covern und in der Rockmusik verändert sich damit auch die Art der Darstellung und der Inhalte. Nur ein Beispiel unter vielen: die Superband "Cream" zeigte auf dem Cover ihre Songtitel als Inschriften auf einem Grabstein. War die Auseinandersetzung mit dem Thema Tod bis dahin noch weitgehend auf das eigene Bezugssystem der Musiker und ihrer Welt ausgerichtet, grenzte sich der Punkrock in der Folge davon klar ab. Unter Bezug auf Bildmaterial aus realen politischen Ereignissen werden Tod und Sterben mit dem Schockpotenzial grausamer Kriegsbilder angeprangert. Leidenschaft, Freiheit und Romantik verbindet dagegen der Musikstil des Gothic-Rock mit dem Tod. Auf den Covern sieht man Gräber, Ruinen, Grabsteine und Kirchen als Attribute einer Lebenshaltung, die auf eine existenzielle Fragestellung abzielt. Ganz anders dagegen nutzt der Hard-Rock und Death-Metalrock das Todesthema. Eindeutig stehen Schock- und bizarre Horroreffekte im Vordergrund. Eine Sonderstellung nimmt in diesem Genre die spezielle Ausprägung der "Neuen deutschen Härte" mit auch international bekannten deutschen Gruppen wie Rammstein oder Oomph! ein. Besonders letztere hat das Todesthema vielfach und oft auch mit provokativer und herausfordernder Gestik in ihren Songs eingesetzt. HipHop und Rapmusik kommuniziert in szenegriffigen Freund-Feind-Bildern die Probleme von Getto und Straße wie Bandenkriege, Drogen aber auch gewaltsamen Tod und Mord. Herausforderndes Testen von Grenzen ist die Regel, oft auch Teil des selbst stilisierten Auftritts der Musiker, was ihnen immer wieder die Aufmerksamkeit von Zensur und Jugendschutz eingebracht hat. Der zweite Teil der Ausstellung verfolgt das Todesthema am Faden motivischer Schwerpunkte, die sich in allen Genres der Rockmusik entdecken lassen. Mord und Gewalt gehören spätestens seit den Ereignissen des „Altamont-Festivals“ zum festen Themenarsenal der Rockmusik. Nicht umsonst benannte die Gruppe China White in den Neunzigern eines ihrer Alben mit dem vieldeutigen Titel „Danger Zone“. Und die Rockmusik hat keine Angst, in diesen Themenbereichen auch heikle und tabuisierte Perspektiven einzunehmen. Ein Beispiel unter den vielen ist etwa der Titel „Jeanny“ von Falco. Mit dem Themenexkurs „Todessehnsucht und Selbstmord“ macht die Ausstellung deutlich, wie auch diese Motive ganz selbstverständlich zu den zeitlosen Registern der Rockmusik gehören. Aber auch die Sorgen um kollektive und globale Vernichtungsszenarien wie nukleare Zerstörung, Umwelt-GAU oder Klimakatastrophen spiegeln sich in den Themen mancher Musiker und Gruppen. Oft spielt dabei auch eine grundsätzliche Kritik der jugendlichen Subkulturen am Agieren der "Erwachsenenwelt" an den Stellhebeln der Macht hinein. Schon Ende der sechziger Jahre nahm hier die Topgruppe Jefferson Airplane etwa mit dem Album „Crown of Creation“, das die Gruppe unter einem Atompilz zeigt, eine Vorreiterrolle ein. Und letztlich ist auch die Ästhetisierung des Todes, die ja jedem als uraltes Thema der Kulturgeschichte wie etwa in der „dance makabre“ bekannt ist, an vielen Bespielen auch in der Rockmusik wiederzufinden. Zur Ausstellung ist im Telos-Verlag ein umfangreicher Katalog mit mehr als 250 Seiten zum Preis von 16.50 Euro erscheinen. Er vertieft das Thema in einer ganzen Reihe von Aufsätzen, die teilweise anlässlich eines Studentenseminars zu "Rockmusik und Todesthema" am Soziologischen Institut der Universität Münster in der wissenschaftlichen Vorbereitungsphase dieser Ausstellung entstanden sind. Aus dem Projekt ist daneben in enger Zusammenarbeit mit der Regionalen Schulberatungsstelle für den Kreis Borken eine ganz speziell für Schulen zusammengestellte Ausstellung zum Schwerpunkt "Rockmusik - Gewalt und Tod" entstanden. Diese kann von Lehrern als Ausgangsmaterial zur Bearbeitung dieses wichtigen aber schwierigen Themas im Unterricht der Schulen über den Kreis Borken (Fachbereich 40 - Schule, Kultur, Bildung, Sport) gebucht werden.

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